Feine Pinselstriche für die Weihnachtszeit –und gleichzeitig etwas Gutes tun
Lenzburg Die Organisation Ukraine Recovery Aid bietet übers Jahr verteilt interessante Workshops an, die zugleich einen Einblick in die vielfältige Kultur der Ukraine ermöglichen. Die Einnahmen der Anlässe im November sind als Spenden für Kinder mit besonderen Bedürfnissen in der Region Saporischschja gedacht.
Künstlerin Corinne Weidmann tunkt den Pinsel in einen Becher mit Wasser, um die Farbe auf einer Palette zu verdünnen. «Das genügt noch nicht», stellt sie fest und gibt noch etwas Wasser hinzu. Schmunzelnd erklärt sie: «Die Farbe für die Petrykivka-Malerei sollte die Konsistenz von Joghurt haben – aber nicht vom stichfesten.» Alle Teilnehmenden lachen und warten gespannt auf die nächsten Arbeitsschritte.
Am 15. November versammeln sich 12 Teilnehmende im Kulturhaus Tommasini in Lenzburg, um eine Weihnachtskugel mit der Petrykivka-Maltechnik zu gestalten – Corinne Weidmann zeigt, wie es geht. Zuvor erläutern sie und Svitlana Altherr den Hintergrund der Organisation Ukraine Recovery Aid. «Die Organisation haben wir im Oktober 2024 gegründet», führt Weidmann aus. Zweck sei humanitäre Hilfe sowie beim Wiederaufbau in der Ukraine zu unterstützen. «Bereits letztes Jahr in der Weihnachtszeit gab es einen Malkurs.» Zum einen konnten damit wichtige Spenden eingenommen und zum anderen die kulturelle Vielfalt des Landes vorgestellt werden. «Es geht uns auch um den interkulturellen Austausch», betont Corinne Weidmann. Als Beispiel dafür sei die Petrykivka-Maltechnik sehr hilfreich, schliesslich gebe es in der Schweiz die Bauernmalerei – und damit einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt. Sie berichtet weiter: «In diesem Jahr gab es unterschiedliche Workshops, etwa vor Ostern einen mit der Wachstechnik Pysanka.» Sämtliche Anlässe seien mit der Unterstützung von Hilfsprojekten in der Ukraine verbunden. Fürs nächste Jahr seien schon einige Anlässe in Planung.
Petrykivka – viel mehr als eine dekorative Maltechnik
Seit 2013 ist die Petrykivka-Malerei als immaterielles Kulturerbe bei der Unesco gelistet. Der Name dieses Stils geht auf den Ort Petrykivka zurück, der nordwestlich der Stadt Dnipro liegt. Zur Malerei erklärt Ukraine Recovery Aid: «Sie ist Ausdruck jahrhundertealter Lebensfreude. Ursprünglich schmückten ukrainische Dorfbewohner ihre Häuser mit üppigen Blumenranken, leuchtenden Beeren und fantastischen Vögeln.» Dahinter stecke oft Symbolik: Rosen für die Liebe, Korn für Fülle und Beeren für Glück. Diese ausdrucksstarke Technik den Workshop-Teilnehmenden näherzubringen, hat sich die Künstlerin Corinne Weidmann zur Aufgabe gemacht. «Ich interessiere mich sehr für Kultur, Brauchtum und Volkskunst und kam dadurch in den Kontakt mit dieser Maltechnik», erzählt sie.
Mit diesem Hintergrundwissen ist der Weg frei für den praktischen Teil: Als die Farbe die richtige Konsistenz hat, zeigt Weidmann den Teilnehmenden, wie man mit zwei Farben ein zartes Blütenblatt aufs Papier bringt: «Zuerst den Rundpinsel in reichlich Farbe tauchen, danach nur die Spitze in die zweite Farbe.» Zuerst wird nur diese aufs Blatt gesetzt, anschliessend der restliche Pinsel mit einer fliessenden Bewegung abgerollt. Nun dürfen sich die Anwesenden an ihren Übungsblättern ausprobieren. Als Blütenblätter, die Zwiebelblume sowie die Beeren bei allen zufriedenstellend aussehen, geht es an die Weihnachtskugeln. Voller Respekt machen sich die Teilnehmenden ans Werk – bei allen gelingen die Blüten in schönen Formen und ganz unterschiedlichen Farbkombinationen.
Damit ist die Kugel noch nicht fertig, weiter geht es mit der «Koschachka», einem sehr feinen Pinsel aus Katzenhaar. Damit werden filigrane Linien und Blätter auf den Untergrund gezeichnet, zum Abschluss erhalten die Kugel noch einige Akzente mit Glitzerstaub. Stolz gehen die Teilnehmenden nach Hause, in den Händen ihre eigene Petrykivka-Weihnachtskugel – und damit einem kleinen Stück der ukrainischen Kultur.





