Weg vom «Abstellgleis»

Die Seniorenuniversität bietet wöchentlich mehrere Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen an und ist nicht nur für Akademiker:innen zugänglich. Neben Wissen wollen die Verantwortlichen den Senior:innen auch mehr Selbstachtung vermitteln.

18 Prozent der Schweizer:innen bilden sich nach 65 Jahren immer noch weiter. Das Frühlingssemester ist im Januar gestartet, Anmeldungen für Vorträge sind aber jederzeit möglich. Bild: Corinne Glanzmann /«Luzerner Zeitung»

Die Seniorenuniversität Luzern ist die grösste der neun Seniorenunis der Schweiz. Über 4000 Veranstaltungen haben in den letzten 25 Jahren stattgefunden. Mitglied können nicht nur Uniabsolvent:innen werden, sie steht allen Personen offen. Auch werden die Themen der Vorträge für ein breites Publikum ausgesucht. «Unser Credo ist Bildung lebenslang für alle», sagt Michel Hubli, Präsident und Geschäftsführer der Seniorenuniversität Luzern. Ein weiterer Unterschied zu einer normalen Universität: Es gibt weder ECTS-Punkte noch eine Prüfung am Ende des Semesters, und man kann an einzelnen Vorträgen teilnehmen.

Angeboten werden Vorträge und Seminare zu verschiedensten Themen, gehalten werden diese mehrheitlich von ebenfalls pensionierten Dozierenden. Am Ende der Veranstaltungen gibt es jeweils die Möglichkeit, Fragen zu stellen, man kann aber auch passiv teilnehmen, ohne sich zu Wort zu melden.

«Ein Fünftel der Bevölkerung ist heutzutage über 60 Jahre alt, dieser Anteil wird zunehmen; umso wichtiger ist es, dass sich auch die älteren Leute auf dem neusten Stand des Wissens halten können – auch als Stimmbürger oder Stimmbürgerinnen», sagt Hans-Rudolf Schärer, Vizepräsident des Anzeige Vorstands und Mitglied der Programmkommission. «Die Möglichkeit zur Teilnahme am lokalen politischen Leben, aber auch am Weltgeschehen soll im Alter weiterbeste- hen», so der ehemalige Gründungsrektor der PH Luzern. «Wenn man seine Neugierde befriedigen und einen sozialen Austausch pflegen kann, ist das ein Schlüsselfaktor für ein gesundes Alter», ist er überzeugt.

18 Prozent bilden sich weiter

Thematisch haben die Veranstaltungen sehr oft eine Zukunftsdimension. Die Veranstaltungen machen häufig einen Brückenschlag über verschiedene Generationen hinweg. «Wir thematisieren Fragen, deren Antworten unsere Mitglieder selbst nicht mehr erleben werden; aber sie sind daran interessiert, weil ihnen die Zukunft ihrer Grosskinder nicht gleichgültig ist», so Schärer.

Während des Berufslebens machen bis zu 90 Prozent regelmässig Weiterbildungen, ab 65 Jahren sackt die Zahl auf 18 Prozent ab. «Vielleicht sind es in ein paar Jahren auch bei den Seniorinnen und Senioren 20 oder 25 Prozent», hofft Michel Hubli. «Dann könnten wir auch wieder etwas ’sozialer’ werden und den Mitgliederbeitrag nach unten setzen.» Der Jahresbeitrag musste wegen der Pandemie etwas angehoben werden und steht nun bei 75 Franken pro Jahr. Die Vorträge können einzeln bezahlt werden.

Unter Covid-19 gelitten

Vor der Pandemie besuchten die Vorträge durchschnittlich 100 Personen, bei den Seminaren waren es 25 bis 30 Personen. «Dieses Niveau wollen wir wieder erreichen», so Michel Hubli. Aktuell sind 3500 Personen Mitglieder der Seniorenuniversität. Vor der Pandemie waren es 4200.

Wegen der Pandemie musste die Seniorenuniversität trotz einer Härtefallentschädigung des Kantons die Preise erhöhen, allein mit den in den letzten Jahren angesparten Reserven wäre man nicht über die Runden gekommen.

Die Seniorenuniversität wird zwar unter dem Patronat der Universität geführt, ist aber eigenfinanziert und rechtlich selbstständig. Viele Mitglieder bezahlen als Gönnerinnen und Gönner einen Solidaritätsbeitrag. «Wir wollen allen Interessierten den Zugang ermöglichen», betont Hubli. «Idealerweise sollte die Teilnahme an den Vorträgen kostenlos sein, denn das Weiterlernen, auch in höherem Alter, hat einen positiven Einfluss auf die Psyche der älteren Menschen und dementsprechend auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung.»

Oft ein schwieriger Moment

Hans-Rudolf Schärer spricht neben den schönen Seiten der Pension auch die weniger schönen an. «Wenn sie pensioniert werden, erleben dies viele als einen schwierigen Moment. Im Beruf ist man gefragt, plötzlich kommt man auf ein «Abstellgleis», so Schärer. «Unsere Ziel ist es, dass die älteren Menschen in den Veranstaltungen der Seniorenuni erleben: Ich arbeite zwar nun nicht mehr im Beruf; aber ich bin immer noch gefragt mit meinen reichhaltigen Erfahrungen als Diskussionspartnerin oder Diskussionspartner, wenn ich an einem Seminar teilnehme, einen Sprachkurs besuche oder mich an einer Exkursion beteilige.»

Die Vorträge werden zwar hybrid, also vor Ort und gleichzeitig auch online angeboten. Die Mehrheit besucht die Referate aber im Hörsaal. «Ich denke, dieser soziale Kontakt ist im Alter etwas sehr Zentrales», sagt Michel Hubli.

Obwohl das digitale Angebot in der Vergangenheit noch nicht allzu häufig genutzt wurde, wird es auch jetzt nach der Pandemie weitergeführt. «Die aktuellen Teilnehmenden sind noch nicht alle mit den Neuen Medien aufgewachsen», so der Geschäftsführer. «Es ist deshalb auch unser Ziel, die älteren Leute etwas näher an dieses Angebot heranzuführen.» Das Online-Angebot hat noch einen anderen Vorteil: Will man sich einen Vortrag im Nachhinein nochmals anschauen, oder ist man am Durchführungstermin verhidert, kann man sich die Vorlesungen zu einem anderen Zeitpunkt zu Hause zeitversetzt am PC vor Augen führen.

Marcel Habegger

Mehr Informationen: www.sen-uni-lu.ch 

 

Box: Jubiläumsfeier

Am 26. und 28. August feiert die Seniorenuniversität ihr 25-Jahr-Jubiläum. 50 Dozierende werden an diesen Tagen einen Vortrag von jeweils 20 Minuten halten, der von der Öffentlichkeit besucht werden kann. Gäste: Jacques Dubochet, Schweizer Biophysiker und Nobelpreisträger und alt Bundesrat Adolf Ogi.

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